Cultura Italiana I: L’Aperitivo 016 Zwei Sätze vorweg: Der Überschrift „Cultura Italiana“ werden Sie in diesem Magazin noch einige Male begegnen. Darunter versammeln sich hier Begriffe, Lebensweisen, kleine Eigenheiten oder Rituale der italienischen Kultur, die – wie wir finden – das Leben bereichern und so gern nachahmenswert sind. Kurz, Inspirationen, die dazu anregen, den Alltag und seine kleinen Gewohnheiten zu beachten, zu überdenken und mit neuen Details zu bereichern. Unsere erste Anregung: der italienische Aperitivo. Das Wort selbst gibt einen ersten Aufschluss worum es sich hier handeln könnte und leitet zugleich ein wenig in die Irre: Wörtlich übersetzt entspricht es dem deutschen Aperitif, also einem Getränk, das vor einer Mahlzeit gereicht wird. In Italien hingegen wurde aus einem einfachen Getränk eine ganze soziale Tradition, sogar mit einer festen Zeit: dem frühen Abend nämlich. Wenn das Tagewerk beendet ist, die Sonne langsam sinkt, der Himmel sich rötlich färbt und die Welt in ein warmes Abendlicht taucht, dann beginnt die Zeit des Aperitivo. Viele Italiener nehmen ihn auf dem Heimweg ein, schlendern in ihre liebste Bar und genießen in gelöster Stimmung,zusammen mit den anderen, ein, zwei Getränke. Dabei kann es sich um ganz verschiedene Getränke handeln – einen Negroni, Campari, Martini oder Grappa, einen Wein oder einfach auch ein Bier. Dies gern ergänzt um ein paar Appetit-anreger, etwa Oliven, Focaccia, kleine Pizzen, Pecorino und weitere kleine Gaumenkitzler. Häufig verabreden sich die Italiener auch direkt mit Freunden zum Aperitivo, meistens in einer Bar, durchaus jedoch auch einmal zu Hause. Gemeinsam zelebriert man ungezwungen den Ausklang des Arbeitstages und den Auftakt des noch jungen Abends. Und genau darum geht es beim Aperitivo: Er ist viel weniger ein Getränk als vielmehr ein Ritual, das man gemeinsam mit anderen genießt. Er markiert den Übergang vom Tag zum Abend, von der Arbeit zur Freizeit, von der Pflicht zur Kür! Häufig folgt dann auch ein gemeinsames Abendessen mit der Familie oder Freunden – und hier besteht dann auch die Verwandtschaft mit dem Aperitif. Charakteristisch für den Aperitivo ist jedoch das Innehalten, die kurze Zeitspanne, in der die Spannung des Arbeitstages sich in Entspannung verwandelt. Ein tägliches Ritual des Übergangs, das seinen festen Platz hat, in Bars, Cafés, Restaurants und im Leben der Italiener. The heading “Cultura Italiana” appears several times throughout this magazine. It refers to the concepts, lifestyles, little idiosyncrasies and rituals typical of Italian culture which, in our view, enrich everyday life and are therefore worth emulating. In short, things that inspire us to pay close attention, rethink and add to our day-to-day lives and habits. Our first suggestion? The aperitivo. The word itself is a bit misleading. Literally translated it corresponds to the English aperitif – in other words, a drink served before a meal. But in Italy that simple drink has become a full-blown social tradition, with its own fixed time slot: the early evening. Aperitivo time begins when the day’s work is done, the sun is slowly sinking behind the horizon, the sky is turning red and world is bathed in the warm glow of evening. Many Italians stop off for an aperitivo on their way home. They head to their favourite bar and enjoy a relaxed drink or two together. The drink itself varies; it might be a Negroni, a Campari, a Martini, a glass of grappa, wine or maybe just a beer. Often it will be accompanied by a few appetisers – olives, focaccia, pecorino or other small snacks. Italians frequently arrange to meet their friends for an aperitivo, usually in a bar but sometimes at home, too. They relax together and celebrate the end of the working day and the beginning of the evening. This is exactly what the aperitivo is all about – not so much a drink as a ritual to be enjoyed with others. It marks the transition from day to evening, from work to free time, from business to pleasure. Often it will be followed by dinner with family or friends, like the English aperitif. But the truly characteristic thing about the Italian aperitivo is not that it precedes a meal, but that it represents a pause, that brief moment in which the stress of the working day turns into relaxation. It is a daily ritual of transition that has a firm place in bars, cafés, restaurants, and the Italian way of life.